Aufruf 2024



Schanzenfest 7. September 2024
Gegen die neue Mitte, Rechtsentwicklung und autoritäre Zustände
Solidarität mit allen verfolgten und untergetauchten Antifaschist*innen

Rechte Strömungen und Rechtspopulist*innen sehen sich im Aufwind. Gerade in diesen Zeiten ist wichtig, die Praxis eines vielfältigen, antifaschistischen Widerstandes weiterzuentwickeln und zu verteidigen.

Die Wurzeln autoritärer Gesellschaftsvorstellungen, von Rassismus, Antisemitismus, sexistischen Rollenbildern oder Transfeindlichkeit kommen schon immer aus der Mitte der Gesellschaft.

Abschiebungen von Geflüchteten und die Verschärfung von Gesetzen sind keine Sachzwänge und auch kein Kampf gegen rechte Parteien. Beides ist Ausdruck einer sich immer stärker nach rechts entwickelnden Gesellschaft, in der sich eine selbsternannte „Mitte“ über Ausschlüsse definiert.

Wir wollen uns diesen Entwicklungen auf dem Schanzenfest entgegenstellen und stehen solidarisch an der Seite von allen, die sich gegen autoritäre Zustände wehren, von rechten Diskursen, staatlichen Repressionen oder gesellschaftlicher Ausgrenzung betroffen sind.

Wertkonservative Vorstellungen von Familie und Angriffe auf queerfeministische Selbstbestimmung sind tragender Bestandteil und ein Bindeglied rechter Mobilisierungen. Gleichzeitig werden Verfolgung aufgrund von Gender oder sexueller Orientierung von der etablierten Politik nicht als Fluchtgründe anerkannt.

Rassismus, Nationalismus und völkisches Denken befördern und zementieren gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und Gewaltverhältnisse. Urbane Räume und Stadtteile gelten der neuen Rechten häufig als Orte der Diversität, die sie genau deshalb ablehnen. Wir halten nichts von solchen Konstruktionen, weil wir wissen, dass die Stadtteile, in denen wir leben, keine befreiten Wohlfühloasen sind, sondern umkämpfte Räume, in denen auch wir selbst Teil von Widersprüchen sind, die kreuz und quer verlaufen.

Auch hier gibt es rechte Parteien, Hassverbrechen aufgrund der sexuellen oder geschlechtlichen Orientierung, Antisemitismus oder Rassismus. Auch hier wirken kapitalistische Bedingungen und Zwänge und finden Politiken statt, die gesellschaftliche Teilhabe erschweren oder unmöglich machen; werden Räume für abweichende Lebensentwürfe und diverse Subkultur in vielfältiger Weise angegriffen.

Die Bedingungen und das Terrain der Auseinandersetzungen sind unterschiedlich, aber die Kämpfe sind häufig dieselben. Gerne tragen wir alles, was die AFD und rechte Bewegungen hassen und angreifen, auf die Straße, um ihnen zu zeigen, dass sie uns mal können!
Solidarische Grüße gehen an Menschen auf der Flucht, ohne Papiere oder die gezwungen sind, in der Illegalität zu leben, an kriminalisierte Seenotretterinnen, die Betroffenen des Budapest-Verfahrens gegen Antifaschistinnen und alle anderen emanzipatorischen Strukturen, die von staatlicher oder gesellschaftlicher Repression betroffen sind.

Keine Abschiebungen und keine Auslieferungen! Einstellung aller Verfahren gegen Antifas! Free Maja – free them all! Antifaschistischen Widerstand verteidigen!

https://schanzenfest.blackblogs.org
Kontakt: antifaschanzenfest@nadir.org

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Aufruf von 2023

Klima, Flucht, Europa – das dreckige Paradies

Das Schanzenviertelfest findet am Samstag, 9. September 2023 statt, wie gewohnt selbstor­ganisiert und unangemeldet. Es wird einen unkommerziellen Anwohner*innenflohmarkt, Solidari­tätsstände, Livemusik und Aktionen geben. Gegen den Export der Folgen des Klimawandels und die Abschottung der EU-Außengrenzen. Für Menschen, die diesen Verhältnissen zu entfliehen ver­suchen, und für die Verschränkung sozialer Proteste. Besonders wollen wir nicht-europäische Per­spektiven einbinden und neokoloniale Kontinuitäten auf- und angreifen.

Seite an Seite mit indigenen Gemeinden im Widerstand

Aktivist*innen des indigenen Kongresses CNI aus Mexiko werden bei einer Kundgebung auf der Hauptbühne über Proteste vor Ort berich­ten. Die Versammlung ist Auftakt einer Euro­pareise zur Situation indigener Gemeinden, die sich immer stärker Repressionen, paramilitäri­schen Angriffen und einem Krieg niedriger In­tensität zur Durchsetzung von Megaprojekten ausgesetzt sehen. Vom Schanzenfest soll ein starkes Signal der Solidarität ausgehen. Gegen die Repression und das Verschwindenlassen von Menschen und für die Sichtbarkeit indige­ner Kämpfe. Wir wollen deutlich machen, dass sie nicht alleine sind und davon lernen, wie sie den Folgen des Klimawandels begegnen und Widerstand leisten.

Es geht um die Verschränkung der Erfahrungen von bestehenden und kommenden Kämp­fen. Firmen wie Siemens oder die Deutsche Bahn geben sich hier ein grünes Image, sind gleich­zeitig aber als gewinnorientierte Unterneh­men an Großprojekten bei der Erschlie­ßung und Zer­störung des Regenwaldes betei­ligt. Auch ein „grüner“ Kapitalismus basiert auf Ungleichheit und Ausbeutung. Er kann mit seiner Wachs­tums- und Profitlogik nicht die Lösung sein. Er bleibt das Problem. Unsere Antworten sind da­her auch nicht Reformen und wir appellieren nicht an Regie­rungen, sondern wir stehen soli­darisch an der Seite von sozialen Kämpfen, die aktuell weltweit stattfinden.

Am selben Wochenende wie das Schanzenfest finden die „Cruise Days“ statt: „Hamburg wird erneut zur Bühne für das schönste Kreuzfahrt­festival der Welt.“ Angekündigt wird eine trans­nationale Werbeveranstaltung der dreckigen Ur­laubsindustrie mit „imposanten Schiffen und

ei­nem hochwertigen, bunten Landprogramm. Mit dem Blue Port Hamburg und spektakulären Event-Highlights wie der Parade am Samstag­abend. AIDA Cruises ist erneut Premi­umpartner der Veranstaltung.“ Wir hingegen hoffen, dass unsere Feierlichkeiten, Klimapro­teste und auto­nome Bewegungen die eigentli­chen, wenn auch ungebetenen, Premiumpart­ner*innen werden.

Der Hamburger Hafen: Drehscheibe für globale Ausbeutung und den Klimawandel

Mit dem Straßenfest wollen wir auch den Ham­burger Hafen als Drehscheibe der globalen Aus­beutung und der Klimakatastrophe themati­sieren. Europa hat vom Kolonialismus profitiert und beutet bis heute Rohstoffe in aller Welt aus.

Europa sieht sich dabei selbst als sicheren Ha­fen, als einen Ort der Freiheit und der Einhal­tung von Menschenrechten. In Wirklichkeit ist es ein dreckiges Paradies. Seine Häfen sind keine Orte des Ankommens und des Willkom­menseins, sondern bilden Drehkreuze der Zer­störung. Hier werden Maschinen für den Raub­bau in den globalen Süden verschickt und im Ge­genzug Kohle oder andere sogenannte Bo­denschätze importiert, welche wiederum verfeu­ert oder eingesetzt werden, um neue Maschi­nen und Waren zu produzieren. Abhängigkeiten schreiben sich fort, weiteres CO2 wird freige­setzt und der Klimakollaps befördert.

Weltweit sind Menschen auf der Flucht vor den Folgen einer andauernden neokolonialen Aus­beutung und des menschengemachten Klima­wandels. Sie fliehen vor Kriegen um Ressour­cen und Einflusssphären. Statt Kreuzfahrtschif­fe sinnvoll für sichere Passagen von Geflüchte­ten einzusetzen, sind sie Teil einer zynischen Rech­nung.

Während das Sterben von Flüchtenden im Mit­telmeer durch das europäische Grenzregime weitergeht und Seenotretter*innen wie die Iuventa Crew kriminalisiert werden, leisten sich die Reichen der Welt klimazerstörende Luxus­reisen innerhalb Europas und zu  „exotischen“ Urlaubsorten wie vor 100 Jahren. Während Flüchtende aus dem globalen Süden an den eu­ropäischen Außengrenzen ertrinken, werden die Gewinne beim Captains Dinner gefeiert. So­lange, bis der Stecker gezogen und diese Party endlich gecrasht wird.

Sand ins Getriebe der Repression nach innen und außen

Ohne die Entwicklung einer solidarischen Ge­sellschaft jenseits kapitalistischer Verwertungs­logik, patriarchaler Zwänge und heterosexisti­scher Normen sind ein ganz anderes Ganzes und eine Welt, in der viele Welten möglich sind, nicht zu haben. Umwelt- und Klimakämpfe stel­len globale soziale und politische Fragen. Der Globalisierung des Kapitalismus kann so auch eine neue Globalisierung der Kämpfe folgen. Wir erfinden und erleben beständig neue Prakti­ken und sind gleichzeitig immer auch von Re­pressionen betroffen.

Hier verhält es sich wie beim Klimawandel. Am stärksten trifft es nicht uns in Europa, sondern die sich orga­nisierenden Menschen des globa­len Südens und Flüchtende an der scheinbaren Schwelle zwischen diesen Welten. Die Situation an den EU-Außengrenzen wird immer unerträg­licher und die Abschottung vorangetrieben. In Mexiko und anderen Ländern verschwinden Menschen, die sich gegen Konzern- und Kapi­talinteressen einsetzen. Kritische Journalist*in­nen werden er­mordet und mit deutschen Waf­fen wird auf indi­gene Gemeinden geschossen.

Auch der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen Sitzblockaden oder Klebe­aktionen ist keine Kleinigkeit, sondern ein schwe­res Geschütz des polizeilichen Ausnah­mezustands. Der §129 stattet die Sicherheits­behörden  mit weitrei­chenden Be­fugnissen zum Ausspähen vermeintlich Verdäch­tiger aus. Ur­sprünglich wurde er mit der Verfol­gung schwerster Straftaten begründet. Nun wird er ein­gesetzt, um mehr oder weniger symbolische Proteste und die gesellschaftliche Auseinander­setzung um die Dringlichkeit von Konsequen­zen in der Kli­madebatte zu kriminali­sieren.

Die Repression soll zeigen, dass mit dem Staat und dem kapitalistischen Normalbetrieb nicht zu spaßen ist. Um freie Fahrt für die Wirt­schaft und ungebremsten Autoverkehr zu gewährleist­en, findet eine autoritäre Enthemmung des Si­cherheitsstaates statt.

Die Dinge einfach mal auf den Kopf stellen!

Die Kriminalisierung von Klimaaktionen, von An­tifaschismus oder anderen Protesten zielt auf eine Schwächung sozialer Bewegungen. Sie soll definieren und durchsetzen, was als gesell­schaftlich verhandelbar gilt und was aus Sicht der Verantwortlichen den legitimen Rahmen der Auseinandersetzung ver­lässt.

Die Kon­sequenz kann nur sein, dass wir uns selbst schützen, uns dem ver­meintlichen Kon­sens ver­weigern und unsere Konfliktorte selbst bestim­men. Dass wir chao­tisch sind und die Dinge manchmal auch auf den Kopf stellen, um an­dersherum zu denken. Dass wir unsere Uto­pien verteidigen, solidarisch sind und uns, wenn’s mal schiefgeht, auf keinen Fall in unse­ren Hoffnungen und unserem Aufbe­gehren spal­ten lassen. Wir dürfen nie die Lust verlie­ren, Dinge auszupro­bieren und sie immer wie­der völlig neu und an­ders zu machen.

Das Schanzenfest ist kein fertiges Event. Es ist ein sich verändernder und diverser Ort eines nachbarschaftlichen und solidarischen Zusam­menkommens, der Begegnung und des politi­schen Handelns. Dabei lebt das Fest von dem, was alle in es hineintragen und selbst organi­sieren. Also bereitet euch vor, informiert eure Freund*innen und kommt vorbei!

Gemeinsam auf die Straßen am 9. September!
Gegen das dreckige Paradies!

Solidarität statt Ausgrenzung – Gegen die neue Mitte, Rechtsentwicklung und autoritäre Zustände! Rechten Angriffen und gesellschaftlicher Repression entgegentreten!